Konferenzgemeindetag * am Nachmittag * 14.30 Uhr bis 16 Uhr
Vortrag mit Prof. em. Dr. Siegfried Zimmer
Der 76jährige Professor emeritus Dr. Siegfried Zimmer setzte am Sonntag, 25. Juni 2023 mit seinem Vortrag zum Thema „Das Vaterunser und das Urvertrauen in Gott“ den Schlusspunkt unter die Tagung der 23. Süddeutschen Jährlichen Konferenz. Die „Halle b“ im Heilbronner redblue-Veranstaltungszentrum war gut gefüllt, als der Referent von Monika Brenner begrüßt und anmoderiert wurde.
Zimmer wies zunächst darauf hin, dass es in den sogenannten „Synoptischen Evangelien“ zwei verschiedene Vater-Unser-Versionen gibt – eine längere in der von Matthäus überlieferten Bergpredigt (die in den meisten Gottesdiensten gebetet wird) und eine kürzere bei Lukas. Zimmer fokussierte sich an diesem Nachmittag auf die Lukas-Version und wies zunächst darauf hin, dass dies Gebet der Bitte seiner Jünger entsprang: Sie wollten, ähnlich wie die Jünger von Johannes dem Täufer, auch bei ihrem „Meister“ in die Gebetsschule gehen – denn Jesus selbst zog sich zu seinem Beten immer wieder in die Einsamkeit zurück. Zimmer wies nach, dass das Vaterunser in der Lukas-Fassung ein biblischer Solitär ist, denn es enthält in seiner Schlichtheit weder ausgeprägt jüdische noch ausgeprägt christliche Elemente. Das zeigt sich schon in der Gottesanrede mit dem schlichten „Abba“ (Betonung auf der zweiten Silbe!), das die kleinkindlich-vertrauliche, Geborgenheit und Zärtlichkeit ausdrückende Anrede an den eigenen „Papa“ ist. Mit dem Wort „Abba“ blitzen geradezu mütterliche Eigenschaften in dieser Gottes-Anrede auf!
Anschließend richten sich zwei lukanische Vaterunser-Bitten an Gottes eigenes Tun: Gott möge seinen eigenen Namen heiligen, beim Betenden zur Geltung bringen und er möge sein endgültiges Reich heraufführen. Wenn das geschieht, „kommt das Reich Gottes zuerst zu den im Schatten lebenden Menschen, die es sehnlich erwarten. Der Mensch kann hier gar nichts machen“ (so Zimmer)! In der Mitte des Vaterunsers befindet sich als dritte Bitte die um das tägliche Brot – diese sollte man in keinster Weise „vergeistlichen“! Brot ist Brot – und soll einen Menschen sättigen. Sie/er soll ihre/seine tägliche Überlebens-Ration erhalten. Diese Bitte war zur Zeit Jesu noch wichtiger, weil dem Körper mehr als 50% aller damals benötigten Kalorien über die vor allem aus Brot bestehenden beiden täglichen Essenszeiten (später Vormittag, früher Abend) zugeführt wurden!
Die vierte Bitte um die Sündenvergebung zielt auf die „seelische Gesundheit im Miteinander von Gott und Mensch sowie Mensch und Mitmensch“. „Das Verzeihen der Schuld ist notwendig. Gottes Größe zeigt sich am stärksten im Verzeihen. Er verzeiht gern. Das ist seine Größe“.
Schließlich bittet die negativ-formulierte, fünfte Bitte darum, dass Gott den betenden Menschen „nicht in eine ihn überfordernde Situation führen möge, in der sein Glaube zerbrechen könnte“. Diese Bitte nimmt jene Menschen in den Blick, die sich ihres Glaubens sehr sicher sind und mahnt: „Sei auf deinen Glauben nicht zu stolz“, sondern freu dich in dankbarer Bescheidenheit darüber, dass „du glauben darfst und dass Gott alles tut, was du zum gelingenden Glauben brauchst“.
Letztlich sieht Siegfried Zimmer in der lukanischen Version des Vaterunsers ein „vertrauendes Gebet für jeden Menschen und somit einen berührend-staunenswerten Text für schwere Stunden“.
Der Vortrag ist leider NICHT auf YouTube nachzusehen. Sorry.