Eröffnungsgottesdienst der Süddeutschen Jährlichen Konferenz am 22. Juni in der Ev. Stadtkirche, Bad Cannstatt
Pünktlich um 19:30 Uhr ertönen die ersten Klänge der Orgel. Das zuvor vorhandene, freudige Stimmengewirr der mehr als 300 Gottesdienstbesucher:innen verschwindet. Als Gastgebende begrüßen uns Dieter Jäger vom Ortsausschuss und Superintendentin Dorothea Lorenz.
Für einen wahren Wohlfühlmoment sorgt das erste Lied, die „EmK-Hymne“ „Mein Mund besinge tausendfach“. Sie wird leidenschaftlich gemeinsam gesungen und man weiß in diesem Augenblick, was man in der Corona-Zeit vermisst hat.
Einen Kontrast dazu stellt die Intonation des Liedes „My Lighthouse“ dar. Es sind die Klänge einer sehr rockigen E-Gitarre, wie man sie selten in der Kirche hört. Die Akustik und der Text des Liedes führen uns aber emotional und inhaltlich zur Predigt. Im Liedtext heißt es übersetzt: „Ich werde mich nicht davor fürchten, was der Morgen bringt. Wie an jedem Morgen werde ich aufstehen und singen – die Liebe meines Gottes wird mich durchleiten. Du bist der Friede in meinem aufgewühlten Meer.“
Das Thema der Predigt lautet: „Sprüche klopfen – das wird man ja wohl noch sagen dürfen…“. Am Anfang klopft Pastor Stefan Reinhardt noch ein paar Sprüche, der Humor kommt an, alle müssen lachen. Der Ton wird danach aber schnell ernst, denn uns wird bewusst, dass diese Welt unter einer Verrohung der Kommunikation leidet. Hass im Internet ist ein spürbares Problem und aus Worten werden nicht selten Taten.
Für einen Lacher sorgt noch einmal der Predigttext aus Sprüche 28,17: „Selbst ein Dummkopf gilt als weise, wenn er schweigt.“ Stefan Reinhard fragt sich: „What would Jesus do?“, wenn er auf Dummheit trifft. Als ein Beispiel für Dummheit verweist er darauf, wie andere Menschen verurteilt und gerichtet werden, wie z.B. die Ehebrecherin in Johannes 8. Jesus hört sich in dieser Geschichte die Anschuldigungen der Kläger an, er schweigt lange und sagt dann nur den einen Satz „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ – der Rest ist Geschichte.
Wir können nicht nur von Jesus lernen, sondern auch von anderen Christen, wie sie ehrlich und wertschätzend miteinander kommunizieren. Die christlich liberale lutherische US-Pfarrerin und Buchautorin Nadja Boltz-Weber schreibt, wie sie häufig zu Gott betet: „Lieber Gott, hilf mir, kein Arschloch zu sein.“ Das Gebet wirkt. Sie beschreibt, wie sie ihrem Erzfeind, dem evangelikalen Radiomoderator Gary Rosberg die Hand geben kann und durch ihre Gemeinsamkeiten in Christus eine Freundschaft entsteht. Als ein weiteres positives Beispiel für achtvolles Streiten nennt Stefan Reinhardt das Konzept des Runden Tisches, auf welches wir als EmK stolz sein dürfen.
„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ – so leitet er sein abschließendes, persönliches Zeugnis ein. Die Freude, als Radio-M-Leiter erstmalig die Predigt an der Eröffnungsfeier zu halten, war groß. Nun muss er aber eine Niederlage eingestehen, er hat seine Aufgabe als Leiter von radio m nach nur einem Jahr zurückgegeben. Das Team war wunderbar, daran lag es nicht. Er hat es einfach nicht gepackt, gibt er ehrlich zu. Er erzählt von seiner Frage danach, warum er nun trotzdem die Predigt halten darf? Im Gebet erhält er drei konkrete Antworten von Gott: 1. Du bist absolut geliebt. 2. Ich bin genau für das gekommen, was du nicht packst. 3. Aus meiner Kraft lebst du, nicht aus deiner eigenen.
Stefan Reinhardt spricht uns zu: Christus wirkt in uns. Lasst uns das tun, was er uns ermöglicht. Wir dürfen innerlich ruhig bleiben. Das sind Verheißungen in Bezug auf den Umgang mit „dummen“ Sprücheklopfern, aber gerade auch in Bezug auf die herausfordernden Gespräche und Entscheidungen und über die weitere Zukunft unserer Kirche. Er setzt mit seiner Predigt den ersten wichtigen, richtungsweisenden Impuls für die diesjährige SJK.
In der Zeit der Gemeinschaft bedanken sich die Gastredner von katholischer und evangelischer Kirche sowie der Stadt für die Predigt. Man ist dankbar, dass Kirche positiv in die Gesellschaft wirkt und dass man schon über so viele Jahre vertrauensvoll und wertschätzend zusammenarbeitet.
Im Segen spricht Bischof Harald Rückert den Frieden Gottes zu, den wir aufgefordert sind, in die Welt zu tragen, gerade in kriegerischen Zeiten.
Den Abschluss bildet eine wunderschönes Orgelstück, meisterlich vom Organisten Christof Voigt vorgetragen.
Ein durch und durch gelungener Eröffnungsgottesdienst endet. Herzlichen Dank allen Mitwirkenden und besonders den helfenden Händen vom Ortsausschuss sowie der Stadtkirche.
Joachim Ruch, Laiendelegierter Kandel – Neustadt – Speyer